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Die Bayerische Gemeindeordnung

(von der Staatsregierung ins Netz gestellt)

ist das Buch aller Bücher und gibt dem (informierten) Gemeinderat sowie der informierten und gut ausgebildeten Verwaltung alle Handlungsempfehlungen, soweit sie gelesen und interpretiert werden können. Die Bayerische Staatsbadverwaltung ist ja direkt dem Finanzministerium unterstellt, und muss sich mit solchen Kleinigkeiten daher nicht befassen.

Und daher kam es so, dass die Vertreter des Freistaates als Gesellschafter nach Gutsherrenart schalten und walten konnten, jedenfalls bis zum Geschäftsjahr 2014. Denn bis dahin hatte der Freistaat eine absolute Mehrheit der Geschäftsanteile, und damit immer das Recht auf seiner Seite. Ob da die Chefs der Kommunen tatsächlich vom Stadt-/Gemeinderat eine Vollmacht hatten um über verschiedene Dinge abzustimmen war den Vertretern des Freistaates völlig egal.

Mir san mir!

Seit dem Geschäftsjahr 2015 hat der Freistaat aber nur mehr 49,5% der Geschäftsanteile -mit sinkender Tendenz- und ist nicht mehr absolutistischer Alleinherrscher. Und wenn die Verwaltungen der Kommunen (und deren vorgesetzte Behörde) auch keine Ahnung haben, wie die Bayerische Gemeindeordnung zu interpretieren ist, dann kommt es zu solchen Unstimmigkeiten.

Das ist jetzt ellenlang, juristische Erläuterungen sind das immer, auch wenn nur das nötigste erklärt wird, ist das recht lang und unübersichtlich:

Artikel 29 BayGO legt fest, „Die Gemeinde wird (grundsätzlich) durch den Gemeinderat verwaltet, soweit nicht der erste Bürgermeister selbständig entscheidet (Art. 37).“

Auch Widtmann/Grasser/Glaser stellen dazu fest, dass von einer grundsätzlichen Gleichordnung der beiden Hauptorgane auszugehen ist. In RN 17 steht dazu „Zur Vermeidung von Zuständigkeitskonflikten trifft die Gemeindeordnung aber die für die Praxis sehr bedeutsame Abgrenzung, dass der erste Bürgermeister nur dann selbständig handeln kann, wenn dies ausdrücklich gesetzlich geregelt ist.“ Also nicht in Geschäftsordnungen! Die Vermutung der Zuständigkeit spricht also zunächst immer für den Gemeinderat.

Denn nach der im Schrifttum und der Rechtsprechung h.M. kann kein Hauptorgan der Gemeinde einseitig Befugnisse des anderen an sich ziehen. Aber selbst wenn das Einverständnis beider Hauptorgane vorliegt, ist eine formelle Übertragung von Aufgaben des Gemeinderates auf den ersten Bürgermeister oder umgekehrt unzulässig. Dies ist eben nur dann möglich, wenn eine gesetzliche Vorschrift ausdrücklich dazu ermächtigt.

Problematisch ist deshalb das Außenvertretungsrecht des ersten Bürgermeisters aus Art. 38 Abs. 1 GO. Nach h.M. handelt es sich hierbei um ein bloßes Vertretungsrecht formaler Natur, das aber keine entsprechende Vertretungsmacht einräumt (str.).

Natürlich kann der Gemeinderat in seiner Geschäftsordnung für die laufenden Angelegenheiten des Art. 37 Abs. 1 Nr. 1 GO mit konstitutiver Wirkung Richtlinien aufstellen. Der Gemeinderat kann also dem ersten Bürgermeister z.B. die Erledigung von Rechtsgeschäften bis zu einer bestimmten Geldsumme (hier 20.000€) zur selbstständigen Wahrnehmung übertragen. Aber die Genehmigung eines Jahresabschlusses der Kur-GmbH übertrifft das bei weitem, auch die Zahlungen der Kommunen infolge des Jahresabschlusses betragen ein vielfaches dieser Summe.

Und die Vertreterstellung des ersten Bürgermeisters nach Art 38 beinhaltet ja nicht die Vertretungsmacht. Der erste Bürgermeister ist zwar stets (bei der Gesellschafterversammlung) zur Abgabe zuständig, die zugehörige Willensbildung dagegen ist nur dort seine Sache, wo sie ihm ausdrücklich (per Gesetz) zugewiesen ist. Ansonsten ist er nur befugt die GR-Beschlüsse zu vollziehen. Seit 01.06.2019 ist zur sicheren Abgrenzung im Artikel 38 eingefügt worden: „Der Umfang der Vertretungsmacht ist auf seine Befugnisse -nach Art 37 (1) 1- beschränkt“. Das war schon immer so, nun steht es aber auch ganz deutlich in der Bay GO!

Und weil das bisher tunlichst unter den Tisch gefallen ist, sind die Jahresabschlüsse der Kur-GmbH seit 2015 nicht mehr rechtskräftig genehmigt, die Geschäftsführung nicht entlastet.